Dienstag, 20. September 2016

Strategische Zerknirschung: Reden wir über die Fehler, die Angela Merkel nicht eingesteht

von Birgit Kelle...

Merkel räumt Fehler in der Flüchtlingspolitik ein, lese ich. Merkel räumt Versäumnisse ein. Es sei „sehr bitter“, habe sie gesagt angesichts des Wahlausgangs in Berlin, bei dem sich das CDU-Konzept „moderne Großstadtpartei“ ganz unfreiwillig dem FDP-Projekt-18 angenähert hat, nur aus der anderen Richtung.

Ja, es muss der CDU dann doch mit zwei Wochen Verspätung einen gehörigen Schock versetzt haben, dass die zweite Landtagswahl in Folge erwartungsgemäß zu einer Klatsche der eigenen Partei und zum Einzug der AfD ins nächste Parlament geführt hat. Es ist der Schock, der schon nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern zu einem Innehalten hätte führen müssen, der aber in der üblichen Dampfplauderei kurzfristig zur Schau getragener Zerknirschung damals schnell verpufft war.

Merkel-muss-weg-Meute nicht einfach zu besänftigen

Die „Gehen-Sie-weiter-es-gibt-hier-nichts-zu-sehen-Rhetorik“, mit der Generalsekretär Tauber bislang noch jede Niederlage in ein Pro-Merkel-Bündnis umzudeuten wusste, funktioniert nicht mehr. Der Wähler ist blöd, aber doch nicht ganz so sehr, für wie man ihn oft hält. Was er mit traumwandlerischer Zielsicherheit erkennt, ist jedenfalls eines: billige Ausreden. Zumindest das scheint am Montag im Konrad-Adenauer-Haus als bittere Erkenntnis eingestanden worden zu sein, da muss die Chefin schon selbst ran.

Die Merkel-muss-weg-Meute, die stetig wächst, ist nicht mehr mit dem Bodenpersonal zu besänftigen. Die AfD-Überläufer aus den Reihen der CDU-Mitglieder- und Stammwähler sind möglicherweise auf eine Zahl angewachsen, die man langsam nicht mehr ignorieren kann. Mir klingt noch gut in den Ohren, mit welcher Überheblichkeit der Generalsekretär im Sommer 2014 zu Protokoll gab, er wolle zur AfD abgewanderte Ex-CDU-Leute „nicht geschenkt“ zurück haben. Das war schon damals kein Parteikonsens, jetzt wird die Rückholungsaktion zur Überlebensfrage als Volkspartei.

Welche Fehler hat sie denn eingeräumt?

Was hat sie denn nun gesagt, die Kanzlerin, welche Fehler eingeräumt? Oder wollen wir gleich dazu übergehen, welche es nicht sind? Wenn sie könnte, würde sie die Zeit um viele Jahre zurückdrehen, hat die Kanzlerin gesprochen. Das klingt gut und im ersten Moment ist man geneigt zu glauben, sie habe tatsächlich eingesehen, dass der massenhafte Zuzug von Migranten in den vergangenen zwei Jahren ein Fehler war.

Das meint Angela Merkel aber nicht. Stattdessen bekräftigt sie ihren Standpunkt: „In der Sache war es absolut richtig“. Der eingestandene Fehler bezieht sich rhetorisch auf die schlechte Vorbereitung, die dazu geführt habe, dass man „eine Zeit lang“ nicht ausreichend die Kontrolle gehabt habe.
Das ist eine sehr hübsche Formulierung für die Tatsache, dass man über unzählige Monate die eigenen Außengrenzen nicht einmal mehr versucht hat zu sichern und wir entsprechend keine Ahnung haben, wie viele Menschen tatsächlich ins Land gekommen sind – und von einigen Zehntausenden bis heute nicht wissen, wer sie sind oder wo sie sich aufhalten. Das Land hat sie einfach absorbiert.
Die Zeit, die Angela Merkel zurückdrehen würde, wären „viele Jahre“, nicht, um etwas an den Tatsachen rückgängig zu machen, sondern um die Planung und Vorbereitung auf die Tatsachen kontrollierter zu steuern. Im Klartext heißt das: Das Ziel bleibt gleich, nur die Umsetzung war ein Problem.

Merkel distanziert sich von "Wir schaffen das"

Ich lese, sie distanziere sich von dem Satz „Wir schaffen das“. Tut sie das? Sie sagt, sie mag ihn nicht wiederholen, weil er zu einer Leerformel geworden sei. Gleichzeitig bestätigt sie aber doch seine Richtigkeit aus ihrer Perspektive, denn er sei „Haltung und Ziel“ zugleich. Distanzierung sieht anders aus. Distanzierung wäre etwa ein „Wir schaffen es doch nicht“.
Sie hält aber an dem Satz fest, will ihn bloß nicht mehr nutzen, weil das Wording-Team der Marketingabteilung mit einiger Verspätung offenbar festgestellt hat, dass dieser Satz zum Hassobjekt taugt und, um im Kanzlerinnen-Jargon zu bleiben, inzwischen „wenig hilfreich“ ist. Die Diskussion zu diesem Satz sei zu einer „unergiebigen Endlosschleife“ geworden, sagt sie dann ja selbst. Er wird nicht inhaltlich in die Tonne geklopft, er wird als politisch verbrannt entsorgt.

Merkel räumt Teilschuld an Wahldebakel ein

Damit sind wir bei der Kommunikation schon ganz auf dem richtigen Pfad. Denn die persönliche Teilschuld für das Wahldebakel in Berlin, die Angela Merkel gerade auf sich genommen hat in der Verantwortung als Parteivorsitzende, ist zwar einerseits ein schönes Zeichen, wird aber erst glaubwürdig durch die Umsetzung von Veränderungen.

Und verändern möchte Angela Merkel auch etwas, aber nicht ihren Kurs, sondern die Kommunikation desselben. Nun möchte sie sich „gerne darum bemühen“, dass manch einem Richtung, Ziel und Grundüberzeugung ihrer Flüchtlingspolitik „ausreichend klar“ wird, dem das bislang nicht klar genug geworden ist.

Es gibt keinen Kurswechsel

Ich habe schon immer gesagt, ich halte Angela Merkel für eine sehr kluge Frau, rhetorisch war der Auftritt heute brillant. Die Chefin tritt selbst an, die Miene dem Ernst der Lage angepasst. Ein bisschen Zerknirschung, Eingeständnis von Fehlern. Nein, das wollen wir nicht wiederholen, wer will das schon? Wir werden uns besser erklären und der Hinweis darf nicht fehlen: Es kommen ja jetzt auch schon viel weniger Flüchtlinge! Das ist nicht ihr Verdienst. Andere haben dafür gesorgt, die man dafür auch noch geprügelt hat. Dafür wird der Deal mit Erdogan von ihr noch einmal bekräftigt. Wie schön.

Es gibt keinen Kurswechsel und es gibt kein Zurückrudern. Sie signalisiert, wir sind auf dem richtigen Weg, wir müssen es nur besser kommunizieren. Zumindest das hat schon gut geklappt, denn über alle Kanäle läuft, Merkel habe Fehler eingestanden. Das ist aber sympathisch. Und auch so menschlich. Machen wir nicht alle einmal Fehler?


Deutschland gegen alle...

von Thomas Heck...

Bundeskanzlerin Merkel hat mit ihrer Flüchtlingspolitik nicht nur große Teile der deutschen Bevölkerung verprellt und verunsichert, sondern auch unsere europäischen Partner. Dies wird bei der Diskussion in Deutschland gerne vergessen.

Wäre der Brexit wirklich gekommen, hätte Merkel ihre Flüchtlingspolitik besser mit den EU-Partner abgestimmt, anstatt diese nur vor vollendete Tatsachen zu stellen? Was hier an Schaden angerichtet wurde, was an Vertrauen gegenüber Deutschland vernichtet wurde, wird sich erst in den folgenden Jahrzehnten zeigen. Auch dafür muss Angela Merkel Verantwortung übernehmen. Und dann hilft es nicht, wenn sie gerne "die Zeit zurückdrehen möchte" oder ihre Politik "besser erklären möchte". Denn nicht nur der deutsche Bürger schüttelt verständnislos mehrheitlich den Kopf, die EU-Partner tun es auch. Durch Merkels politische Fehler steht nicht nur Deutschlands Wohlstand und Sicherheit auf dem Spiel, sondern auch der Zusammenhalt der EU. Ein hoher Preis.

Denn mit Großbritannien haben wir schon einen wirtschaftlich starken Partner und einen der stärksten EU-Nettobeitragszahler verloren, was Deutschland langfristig stärker belasten wird. Weitere Länder stehen auf der Kippe. So ist Dänemark als direkter Nachbar Deutschlands auf Distanz zur deutschen Flüchtlingspolitik gegangen und strebt ebenfalls aus der EU. Genau wie Großbritannien verbindet uns keine gemeinsame Währung mit den Dänen, die damals so schlau waren, die Krone zu behalten. Wirtschaftlich hat es Dänemark nicht geschadet, ein Exit aus der EU wäre genauso leicht zu verkraften, wie der Brexit Großbritanniens, wo die Wirtschaft allen Unkenrufen und Nachtretens seitens der EU zum Trotz boomt.


Deutschland hat nach dem 2. Weltkrieg seine Panzer verschrottet und ist für seine Nachbarn keine Bedrohung mehr. Aber in unserem Wahn haben wir unsere Panzer durch unsere überhöhte Moral ersetzt. Am deutschen Wesen soll immer noch die Welt genesen. Deutschland gegen alle hat noch nie funktioniert.




Bemühte sich, ihre Politik dem Bürger zu erklären

von Thomas Heck...

Kanzlerin Merkel räumt Teilschuld für schlechte Wahlergebnisse ein: Für das Wahldebakel der CDU in Berlin räumte Angela Merkel in Teilen eine Verantwortung ein. Sie sei mit Schuld an dem unbefriedigenden Ergebnis und wolle sich daher bemühen, ihre Flüchtlingspolitik besser zu erläutern. Der Flüchtlingszuzug sei 2015 vorübergehend außer Kontrolle geraten, räumte Merkel ein. Die SPD warf der Union inzwischen vor, mit ihrem Streit für das schlechte Abschneiden der Sozialdemokraten mitverantwortlich zu sein. Wenn CDU und CSU permanent über die Flüchtlingspolitik stritten, sende auch die Regierung das Signal, dass sie nicht wisse, wo es langgehe, sagte Fraktionschef Thomas Oppermann.

Niemand ist an nichts schuld. Angela Merkel räumt "in Teilen" Verantwortung ein. Sie will sich bemühen, ihre Flüchtlingspolitik "besser zu erläutern". Ist doch nett. Nicht Merkel ist schuld an dem Flüchtlingschaos, der dumme deutsche Michel war bislang nur zu blöde, Merkel zu verstehen. Mit dieser verqueren Logik schafft sie es bestimmt wieder ins Kanzleramt. Und kein Journalist fragt nach. Niemand.

Ihr Dienstzeugnis würde ich gerne schreiben. Ein Auszug: "Bemühte sich, ihre Politik dem Bürger zu erklären". Personalchefs wissen, was das durch die Blume bedeutet. Übernahme von politischer Verantwortung sieht irgendwie anders aus.


Aber das Geseiere von Oppermann sieht auch nicht besser aus. Jetzt soll schon die CDU dafür mitverantwortlich sein, wenn die Sozen von ihrem eigenen Wahlvolk abgestraft wird. Das ist ja wie im Kindergarten, nur noch blöder.

Montag, 19. September 2016

Am Tage nach der Wahl

von Thomas Heck...

Die Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin sind Geschichte, die Ergebnisse lassen eine Regierungsbildung nicht einfacher werden. Desaströse Verluste für Merkels CDU und SPD, die sich dennoch als Wahlsieger verkauft und als stärkste Fraktion sich für eine Regierungsbildung beauftragt sieht, kräftige Stimmengewinne für die Linksfaschisten, die zeigen, wie gespalten doch die Stadt ist, spielt ihre Party doch mehr in der Ostzone, während sie im Westen wenig Bedeutung hat. Verluste für die Grünfaschisten, die jedoch aufgrund der Gesamtkonstellation vermutlich in Regierungsverantwortung kommen wird. Eine gestärkte FDP, die wieder ins Abgeordnetenhaus einzieht, für die Senatsbildung aber vermutlich keine Rolle spielen wird. Und eine AfD, die zwar nicht an ihren Wahlerfolg in Mecklenburg-Vorpommern anknüpfen konnte, aber mit 14,2% ein beachtliches Ergebnis erzielt, doch was bringt es?

Für mich als alten CDU-Wähler ist das Abschneiden der CDU ein freudiges Ereignis, versetzt es doch Bundeskanzlerin Merkel den entscheidenden Stoß, der hoffentlich der Anfang ihres politischen Endes sein wird. Daran gilt es anzuknüpfen. Die AfD wird sich im Berliner Abgeordnetenhaus noch beweisen müssen. Sonst droht ihr das gleiche Schicksal, wie der Piratenpartei, die im neuen Parlament nicht mehr vertreten sein wird. Das wird ihr politisches Schicksal bestimmen.




Antisemit des Tages

von Facebook-Fundstück...

Das Internet ist voll von Antisemiten, manche sind nur dumm und verdienen es nicht, erwähnt zu werden. Die Glatzen in der Ostzone sind zu blöde, um erwähnt zu werden. Spannender sind da schon linke Antisemiten und Judenhasser vom Schlage eines Augsteins. Heute präsentieren wir mal Claus Stephan Schlangen. Sein Markenzeichen: das Palästinensertuch, das Verharmlosen von palästinensischen Terrors und blanker Judenhass.  Der war der Linkspartei schon zu antisemitisch, darum haben sie ihn 2012 aus der Linkspartei rausgeschmissen, was angesichts der anderen Antisemiten schon was heißen will.