Montag, 1. Juli 2013

Das 17. Bundesland

von Dr. Eran Yardeni

Anders als es die Statistik behauptet, besteht die Bundesrepublik Deutschland aus 17. Bundesländern und hat ca. 89 Millionen Einwohner. Denn neben den bekannten Ländern - Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Rheinland-pfalz, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen und Brandenburg - muss auch Israel dazu gerechnet werden.

Wie soll man sonst erklären, warum der deutsche Bundestag sich während der 17. Wahlperiode mit dem Thema „Israel“ so obsessiv beschäftigt hat? Nach Angaben von Honestly Concerned e.V galten dem Judenstaat während der letzten Legislaturperiode mehr als 40 Anträge und Anfragen.

Vor allem die Linkspartei demonstrierte ein großes Interesse an dem jüdisch-zionistischen Bundesland. Mit 16 Anträgen und 16 Anfragen thematisierten die Grufties des Sozialismus das Thema - und zwar fasst immer aus der palästinensischen Perspektive. Alle diese Anträge und Anfragen wurden von Honestly Concerned e.V entweder als “antiisraelisch” oder als “israelkritisch klassifiziert”. Kein Antrag und keine Anfrage war “palästinakritisch”.

Hier ein paar Beispiele: Am 17. Juni. 2010 forderte die Linkspartei eine „UN-geführte Untersuchung des israelischen Angriffs auf den Gaza-Hilfstransport und die sofortige Aufhebung der Blockade“. Am 17. Juli stellte die Linkspartei den Antrag, „Rüstungsexporte in Staaten des Nahen Ostens ein(zu)stellen, die militärische Zusammenarbeit (zu) beenden und eine atomwaffenfreie Zone (zu) befördern“.

Was die Linken unter „Staaten des Nahen Ostens“ verstehen, ist nicht schwer zu erraten. Der Antrag zur Anerkennung des Staates Palästina wurde am 9. Juni 2011 gestellt, am 18. Juli 2012 wurde die „Kennzeichnung von Waren aus Siedlungen in den von Israel 1967 besetzten Gebieten“ beantragt. Alles natürlich im Namen des Friedens und der sozialistischen Gerechtigkeit, die - aus welchem Grund auch immer - an akuter selektiver Wahrnehmung und an chronischer Entzündung der moralischen Organe leidet. 

Recht fleißig waren auch die Grünen, mit acht Anträge und zwei Anfragen. Die Palette reicht von „Aufwertung des Status der palästinensischen Vertretung in Berlin“ (26.7.2012) über „Importe von Produkten aus israelischen Siedlungen in der Westbank in die Europäische Union und nach Deutschland“ (15.5.2013) bis hin zu „Die Gaza-Blockade beenden“ (24.10.2012).

Auch hier muss man sich fragen, ob es nicht genug energieverschwenderische Kaffeemaschine gibt, gegen die man kämpfen könnte, anstatt sich den Kopf über die Zustände in einem anderen Land zu zerbrechen.

Was uns beunruhigen soll, ist nicht nur die antiisraelische Tendenz in der Politik, sie ist schließlich nicht ganz neu, sondern vor allem die Tatsache, dass einige deutsche Politiker nicht Besseres zu tun haben, als sich obsessiv in die Angelegenheiten eines anderen Landes einzumischen, dessen Existenz angeblich einen Teil der deutschen Staatsräson bildet. Das nennt man auf Deutsch: Sonderbehandlung. Und davon hatten wir schon genug.

Sonntag, 30. Juni 2013

Erdogans letzte Karte

von Dr. Eran Yardeni

Sind Sie ein als Politiker ein Versager? Stehen sie am Rand des Abgrunds, kurz vor dem Ende Ihrer nicht unbedingt erfolgreichen politischen Karriere? Leiden Sie an Ihrer politischen Belanglosigkeit? Neigen Sie dazu, in der Nacht das Bett nass zu machen und während des Tages mit Terroristen zu sympathisieren? Wenn ja, dann brauchen auch Sie eine kurze erholsame Kur in Gaza.

Denn Gaza ist schon längst das neue Eldorado verzweifelter Politiker. Zwar kann die biblische Stadt der Philister kein Gramm Gold oder Silber bieten, dafür aber Tonnen von öffentlicher Aufmerksamkeit und damit auch die unbezahlbare Chance, frustrierte Wähler zu verdummen und abzulenken, als könnten alle ihre Probleme auf einen gemeinsamen Nenner reduziert werden - und zwar auf Israel.

Und jetzt, nach Noam Chomsky, Hanin Suabi und Mairead Corrigan, will auch Erdogan nach Gaze pilgern. Was dahinter steht, ist nicht schwer zu erraten. Man kann das „das Landwirtschaft-Prinzip des Antisemitismus“ nennen.

In den letzten Jahren hat Erdogan fleißig und systematisch daran gearbeitet, die türkische Bevölkerung, innerhalb und außerhalb der Türkei, mit Antisemitismus unter dem Deckmantel der Israel-Kritik zu verseuchen. Jetzt will der Obermufti die Früchte seiner Bemühungen ernten, genießen und dann in seinem kunterbunten Obstladen verkaufen.

Mit anderen Worten: Er scheint zu glauben, dass mit einer neuen Provokation, mit einer neuen anti-israelischen Kampagne, die öffentliche Meinung in der Türkei, die momentan auf die Heimatfront fixiert ist, manipuliert werden kann. Die Krux an der Sache ist, dass es überhaupt nicht klar ist, ob er mit seiner Kalkulation falsch liegt.

Schließlich haben alle Diktatoren und anti-demokratischen Elemente in der modernen Geschichte des Nahen-Ostens - vom Großmufti von Jerusalem, über Nasser und bis hin zur Hamas - diese Strategie ziemlich erfolgreich durchgeführt, und das jahrzehntelang. Vor diesem politischen Hintergrund soll man Erdogans Motivation verstehen: Mit seiner Gaza-Initiative signalisiert der osmanische Sultan den Europäern, welcher politischen Tradition er folgt. Aus dem Panarabismus von Nasser ist der Panislamismus von Erdogan geworden.

In beiden Fällen geht es um eine archaische Denkweise, die mit der heutigen politischen Struktur der EU gar nichts zu tun haben sollte.

Dass die EU aber mit einer solchen dekadenten und reaktionären Figur wie Erdogan um einen möglichen EU-Beitritt ernsthaft verhandelt, ist schlimmer als eine Tragödie – das ist einfach eine Farce. Oder wie es Charlie Chaplin mal sagte: Der Unterschied zwischen Tragödie und Komödie ist manchmal ziemlich verschwommen.

Donnerstag, 27. Juni 2013

Ziemlich alt und noch hyperaktiv

von Dr. Eran Yardeni

Mit einem fetten Jahresbudget in Höhe von nicht weniger als 62 Millionen Shekel ist die israelische Präsidentschaft mit Abstand die überflüssigste politische Institution in der Geschichte des Zionismus, vergleichbar nur noch mit dem doppelt besetzten orientalisch-aschkenasischen Oberrabbinat.

Sie ist überflüssig wie ein Blinddarm, dafür aber nicht ganz funktionslos. Denn seit eh und je gilt sie als ein politischer Friedhof, auf dem die Veteranen der israelischen Politik ihre letzte Ruhe finden. Aus der konstitutionellen Perspektive aber ist die Rolle des Präsidenten so wichtig, wie die Frage, in welcher Hand man die Gabel und in welcher Hand das Messer halten soll. 

Ab und zu landeten zwar ein paar helle Kopfe auf dem Präsidentenstuhl, Staatsmänner wie Chaim Herzog und Ytzhak Nawon. Bekannt wurde aber der Erstere vor allem durch seine Rede gegen die Resolution 3379 der UN-Vollversammlung, die den Zionismus mit Rassismus gleichsetzte. Das geschah aber am 10. November 1975, acht Jahren bevor er zum sechsten Präsidenten Israels gewählt wurde. Nawon hingegen ging in die Geschichte als der erste Präsident ein, der nach fünf Jahren im Amt den Weg zurück aus dem Totenreich der Präsidentschaft ins politische Leben gefunden hat. Er hatte das Prinzip sehr schnell verstanden: Der Präsident kann die politische Zukunft Israels genau so gut beeinflussen, wie der Meteorologe das Wetter.

Aber solange die Präsidentschaft nur überflüssig war, war es auch nicht so schlimm. Die Probleme begannen erst später, mit Weizman und Katzav. Mit den geschmacklosen und sexistischen Witzen von Ezer Weizmann könnten die Israelis noch leben. Als sie aber miterleben müssten, wie aus dem feuchten Keller von Moshe Katzav eine Leiche nach der anderen an die Öffentlichkeit drängte, wurde es vielen zu viel.

Unter solchen Umständen war es jedem klar, dass nur Shimon Peres den Ruf dieser überflüssigen Institution wiederherstellen konnte. Zu elitär für sexistische Witze und zu alt für peinliche Vorspiele sollte Peres mit seiner Persönlichkeit mit seinen internationalen Kontakten frische Luft in das Amt bringen. Das hat Peres auch gemacht.

Das Problem ist nur, dass er nicht müde genug ist für diese Stelle. Deshalb hat er 2008 die Präsidentielle Konferenz imitiert. Eine pompöse Veranstaltung, die zum Egotrip geworden ist. Was die Finanzierung anbelangt (11 Millionen Shekel), soll sich der Steuerzahler keine Sorgen machen: Das Geld wird gespendet. Der Staatskontrolleur freilich ist der Meinung, dass sich so etwas nicht gehört.

Über die Geschäftsleute, die eine staatliche Veranstaltung des israelischen Präsidenten finanzieren und über einen Präsidenten, der damit kein Problem hat und dabei die Meinung des Staatskontrolleurs ignoriert, könnten die Bruder Grimm ein schönes Märchen schreiben. Als Titel würde ich vorschlagen: „Der Blinddarm, der ein Herz sein wollte.“ 

Dienstag, 25. Juni 2013

"Wir praktizieren Datenschutz, die anderen lesen unsere Daten"

von Thomas Heck

Angesichts der “Skandale” von NSA und dem britischen Geheimdienst, die von selbsternannten Robin Hoods, aufgedeckt wurden, werden unsere Politiker ganz aufgeregt und sind offensichtlich von allgemein bekannten Tatsachen überrascht worden, was nicht für die Qualität unserer Politiker spricht. In ihrem Tatendrang fordern sie ein europäisches Facebook, ein europäisches Google, in der irrigen Annahme, damit einem deutschen Datenschutz genügen zu können.

Doch das eigentliche Problem ist nicht der Datenschutz, sondern unsere Unfähigkeit, mit unseren Daten umzugehen. Wie kann es sein, dass in Deutschland 1,5 Mio. weniger Menschen leben, als bislang angenommen? Wie kann es sein, dass unsere Meldeämter offensichtlich keinen Überblick mehr haben, wer wo wohnt? Früher musste man in Deutschland zur Anmeldung beim Einwohnermeldeamt einen Mietvertrag vorweisen. Heute braucht man das nicht mehr, mit der charmanten Folge, dass Sie als steuerzahlender Bürger vielleicht Untermieter in Ihrer Wohnung haben, die Sie gar nicht kennen.

Wenn also demnächst ein Sondereinsatzkommando der Polizei Ihre Wohnungstür sprengt, könnte es damit zu tun haben, dass bei Ihnen die Mafia oder Salafisten gemeldet sind. Dem unbescholtenen Bürger, der nach einer solchen Aktion, wie sie in Berlin nicht selten vorkommt, von der Meldebehörde Auskunft darüber erhalten möchte, wer bei ihm denn noch so wohnt, wird sich wundern: Keine Informationen aus Datenschutzgründen, so die sonore Antwort renitenter Beamter.

Begonnen hat das Unheil mit der Volkszählung 1987, wo sich erstmals gegen die Sammelwut des Staates Widerstand erhob, der sich an simplen Fragen entzündete, wie viele Personen im Haushalt leben und ob die Wohnung ein Innen- oder Aussen-Klo hat. Ja, so etwas gab es noch 1987. Seit dem ist der Datenschutz perfektioniert worden und steht uns mittlerweile selbst im Wege. Wir praktizieren Datenschutz, die Anderen lesen unsere Daten.

Beim nächsten Anschlag wird wieder die Forderung nach verstärkter Videoüberwachung kommen, was in schöner Regelmäßigkeit von der Opposition als Aktionismus betitelt und zurückgewiesen wird. In diesem Zusammenhang kommt auch immer die Frage, ob denn durch Video-Überwachung Anschläge verhindert werden könnten. Dass sich keiner traut zu sagen, dass es vielleicht sinnvoll ist, nach einem Anschlag, schnell die Täter zu fassen, um sie einer Bestrafung zuzuführen, wird mir immer ein Rätsel bleiben.

Daher halte ich es mit dem Grundsatz, dass es mir ziemlich egal ist, wer meine Daten liest. Denn wirklich wichtige oder für mich geheime Informationen leite ich nicht per Mail weiter und bespreche diese nicht am Telefon, sondern unter vier Augen. Wenn ich ein Flugzeug oder einen Bus besteige oder bei meiner Bank Geld abhebe, so akzeptiere ich, dass ich gefilmt werde. Ich bin bereit diesen Preis zu bezahlen. Und wenn ich im Telefongespräch mit meinem Vater aus welchen Gründen auch immer das Wort “Bombe” erwähne, was wir als Scherz regelmäßig machen, so muss man wissen, dass die NSA das mitbekommt. Und das ist auch gut so, denn das ist die Aufgabe von Geheimdiensten. Ich befürchte nur, dass unser BND als einziger westlicher Geheimdienst so bescheuert ist und sich an Recht und Gesetz hält und von Anschlägen auch nur aus den Nachrichten erfährt. In diesem Sinne wünsche ich den Kollegen von NSA und MI6 weiterhin viele Spaß beim abhören und immer eine gute Jagd. Danke für Eure Arbeit…

Samstag, 8. Juni 2013

Wir sehen uns auf der Frauentoilette

von Dr. Eran Yardeni

Sollten Fußballer und Feministinnen etwas gemeinsam haben, wäre es bestimmt ihre tragisch-komische Unfähigkeit, rechtzeitig von der Bühne der Weltgeschichte abzutreten. Berauscht und betäubt von nostalgischen Gedanken an die schönen alten Zeiten, müssen sie miterleben, wie ihr Weltruhm allmählich zur peinlichen Farce wird. In diesem Sinne hat die neue Initiative der Universität Leipzig, die weibliche Bezeichnung „Professorin“ auch auf Männer anzuwenden, mehr mit Diego Maradona zu tun als mit Alice Schwarzer.

In der westlichen Welt und vor allem in Deutschland erreichte der Feminismus den Punkt, vor dem jeder Revolutionär bzw. jede Revolutionärin Angst haben muss. Es geht um den Moment, in dem die Avantgarde der Geschichte erfahren muss, dass die Revolution alle ihre Ziele erreicht hat. Mission erfüllt! Diese Erkenntnis ist so traumatisch und ernüchternd, dass man im Lauf der Geschichte so gut wie nie auf Revolutionäre trifft, die aus intellektueller Ehrlichkeit die Fahne der Revolution mit aus der Hand legen.

Was meistens passiert, ist genau das Gegenteil: Die unruhigen Seelen der Weltverbesserer können der Versuchung nicht widerstehen, einfach weiter zu revolutionieren. Um ein solches Handeln zu rechtfertigen, denkt sich der Revolutionär neue Ziele aus, die mit den ursprünglichen Zielen der Revolution nichts mehr zu tun haben.

Die Aktion in Leipzig ist nicht mehr als einen Versuch, den Feminismus künstlich am Leben zu erhalten.

Wer im Namen des Feminismus die Professoren „Professorinnen“ nennen will, der macht aus der Befreiung der Frauen nicht nur einen unlustigen Witz, sondern er zeigt auch, dass der Feminismus nicht anders ist, als die Verwandlung des alten und bekannten Chauvinismus. Denn wer immer der Meinung war, dass Frauen einen Anspruch auf weibliche Bezeichnungen haben, der musste auch die Meinung vertreten, dass die Männer den gleichen Anspruch auf männliche Bezeichnungen haben sollten.

Mit der neuen Initiative will man aber keine Gleichberechtigung erreichen. Man macht damit die ersten Schritte in Richtung einer linguistischen Liquidierung der Männlichkeit in der akademischen Sphäre.

Das ist Unterdrückung par excellence. Das Einzige, was diese neue Form von Unterdrückung „legitimiert“, ist die Tatsache, dass dieses Mal die Männer diskriminiert werden, während die Frauen ihre Machtposition ausleben. Das macht die Initiative selbstwidersprüchlich. Was sie aber lächerlich macht, ist die Tatsache, dass sie unnötig ist. Ihre Überflüssigkeit schreit zum Himmel. Dass eine Universität in Deutschland sich mit solchen Belanglosigkeiten beschäftigt, sollte den Steuerzahler extrem stutzig machen.

Wäre ich ein Mitarbeiter der Uni-Leipzig, würde ich als „Professorin“ ab sofort auf den Frauenparkplätzen parken (ja, so etwas gibt es in Deutschland auch) und die Frauentoiletten aufsuchen. Auch auf die Gefahr hin, dass ich wegen Sexualbelästigung verklagt werde. Zivilcourage hat eben ihren Preis.

Mittwoch, 5. Juni 2013

Erdogan über Bord!

von Dr. Eran Yardeni...

Der Brandstifter von Ankara verliert nach und nach die Kontrolle über sein rebellierendes Volk. Und was macht ein osmanischer Intrigant, wenn er nicht mehr Herr der Situation ist? Wie ein erfahrener Kapitän eines sinkenden Schiffs versucht er, zuerst die schwersten Sachen über Bord zu werfen, um dadurch sein rostiges Wrack noch etwas länger über Wasser zu halten. So schmeißt Erdogan zuerst seine eigene Verantwortung für die Situation über Bord und weist darauf hin, dass irgendwelche ausländischen Mächte hinter den Protesten stehen.

In diesem Sinne ist der Brandstifter von Ankara eher wie ein Fisch: Er kann sich nur an die letzten zwei Sekunden erinnern. Was vorher passiert ist, gerät rasch in Vergessenheit oder wird einfach verdrängt. Sonst hätte der moderne Obermufti bestimmt nicht vergessen, wie er sich als „ausländische Macht“ in die inneren Angelegenheiten Deutschlands, vor allem in die Integrationsdebatte, ständig einmischte. Mit seinen kontraproduktiven Auftritten, wie im Februar 2011 in Düsseldorf, und mit seinem Appell an die in Deutschland lebende türkische Bevölkerung, zuerst Türkisch und erst dann Deutsch zu lernen, war er seinen Landesleuten genau so hilfreich wie vorher der Kommunismus den Armen.

Die Krux an der Sache ist, dass die Neigung von Erdogan ausgerechnet bei großer Hitze mitten im Wald mit dem Feuer zu spielen, überhaupt nicht neu ist. Seine Verachtung der Demokratie und den westlichen Werten gegenüber sowie seine tyrannischen Manieren waren schon da, lange bevor die erste Barrikade in Istanbul errichtet wurde. Und das können am bestens die Israelis bezeugen. Denn auf dem Altar des Islamismus hat Erdogan nicht nur die Alkoholpreise in der Türkei geopfert, sondern auch die Beziehungen mit Israel und damit die Stabilität der ganzen Region.

An Beispielen mangelt es nicht: Die Terroristen der Hamas bezeichnete er als Freiheitskämpfer; mit TV-Serien, wie „Tal der Wölfe“, in denen die Juden als Kindermörder dargestellt werden, wurde eine Generation von jungen Türken mit dem Virus des Antisemitismus infiziert. Er hat die israelische Politik gegenüber den Palästinensern angegriffen, was ihn aber nicht davon abhielt, gleichzeitig die Kurden zu unterdrücken und Nordzypern besetzt zu halten.

Dass kaum jemand in Deutschland die antiisraelische die antisemitische Politik von Erdogan zum Anlass genommen hat, um diesen Feind der Moderne bloßzustellen, dass trotz seiner skurrilen Auftritte in Deutschland sich immer genug Politiker gefunden haben, die ihm beim Eintritt in die EU die Tür aufhalten wollten, dass die Zeitungen über den wirtschaftlichen Aufschwung in der Türkei berichteten, ohne die politische Dekadenz zu erwähnen, all das kann uns etwas über die selektive Wahrnehmung der deutschen Politik und über den Realitätsverlust der deutschen Presse lehren.

Sonntag, 2. Juni 2013

Ein Drittel arbeitet, ein Drittel dient in der Armee und ein Drittel zahlt Steuern

von Dr. Eran Yardeni

Bevor er auf dem Ledersessel des Finanzministers landete, hatte Yair Lapid in seiner vielseitigen Karriere viel geschafft. Neben seinem Job als Autor, Journalist und TV-Moderator war er auch ein Hobbyboxer und hat sogar einen schwarzen Gürtel in Karate.

Das kann vielleicht erklären, warum Lapid mit seinem neuen Wirtschaftsplan das Genick des israelischen Mittelstands brechen will und damit auch die Wirbelsäule der israelischen Gesellschaft, die schon an akuter Skoliose und Postural-Kyphose leidet.

Seinen politischen Erfolg hat Lapid vor allem den produktiven Elementen der israelischen Gesellschaft zu verdanken, d.h. den berufstätigen Männern und Frauen, dank deren Steuern die zionistische Idee weiter leben kann. Aus zwei Gründen sollte Lapid diesen Teil der Bevölkerung entlasten. Zuerst weil die Mittelschicht der wirtschaftliche Motor der Gesellschaft ist - nicht nur weil sie Steuer zahlt, sondern vor allem, weil sie Produkte verbraucht, was wiederum neue Arbeitsplätze schafft.

Um verbrauchen zu können braucht man aber Geld. Deshalb ist es kein Wunder, dass die Mittelschicht nach Entlastungspolitik und Steuersenkung schreit.

In diesem Sinne kritisierte auch Prof. Yaron Zalicha die Wirtschaftspolitik von Lapid. Der so genannte private Konsum, behauptet Zalicha, ist der wichtigste und effektivste Wachstumsmotor. Aber genau dieses Wachstumsmotor wird durch ständige Steuererhöhungen abgewürgt Um ein Beispiel zu nennen: Wer heute bis (nicht ab!) 10,000 Shekel monatlich verdient (ca. 2000 Euro), muss bald 1% mehr Einkommensteuer bezahlen. Und das trotz der gigantischen Proteste der Mittelschicht im letzten Sommer.

Neulich wurde auch die Mehrwertsteuer erhöht - auf 18%. Dazu gehen auch die Benzinpreise in die Höhe. Und wenn die Benzinpreise steigen, steigen auch die Preise für den öffentlichen Verkehr und für viele andere Produkte, denn jedes Produkt muss irgendwann transportiert werden. Am Ende des Monats bleibt „den arbeitenden Menschen“, wie Lapid die Mittelschicht nennt, wenig übrig. Andere Einmahnquelle, wie Kindergeld, hat Lapin auch schon im Visier, weil er die Orthodoxen auf den Arbeitsmarkt zwingen will.

Dass Problem liegt darin, dass auch die immer ärmer werdende Mittelschicht auf das Kindergeld angewiesen ist und nicht nur die Orthodoxen. Übrigens pro Kind bekommt eine israelische Familie umgerechnet ca. 40 EUR monatlich – in Deutschland sind es 184 Euro. 

Auf den zweiten Grund hat Lapid selbst hingewiesen, als er vor einer massenhaften Auswanderung von jungen begabten Leuten warnte. Vor dem Hintergrund der hohen Mieten und der katastrophalen Preise auf dem Immobilienmarkt bezeichnete Lapid die heutige Situation als Notlage und verglich sie mit den Zuständen Anfang der 90er Jahre, als Israel in kurzer Zeit ca. Million Einwanderer aufnahm.

In der israelischen Mittelschicht erzählt man sich heutzutage den folgenden Witz: Die israelische Gesellschaft besteht aus drei Teilen. Ein Drittel arbeitet, ein Drittel dient in der Armee und ein Drittel zahlt Steuern.

Das Problem ist, dass es immer um dasselbe Drittel geht. Genau gegen diese ungleiche Verteilung der Lasten müsste Lapid etwas unternehmen. Aber der Hobbyboxer und Karate-Spezialist will ausgerechnet das einzige produktive Drittel k.o. schlagen.

Donnerstag, 30. Mai 2013

Fuck the system!

von Dr. Eran Yardeni

Menschenverachtende Arbeitsbedingungen, Ausbeutung, moderne Sklaverei und Menschenhandel sind schwer zu bekämpfen. Ich wage zu behaupten, dass sich in jedem deutschen Haushalt Produkte finden, bei deren Herstellung eine moderne Form der Sklaverei zum Einatz kam. Trotzdem hat noch keine Feministin vorgeschlagen, die Ausbeutung und Verdinglichung der Arbeiter durch Bestrafung der Verbraucher zu stoppen. 

Schade eigentlich. Ein solches gesellschaftliches Experiment wäre sehr interessant. Wir könnten große Teile der Gesellschaft ad hoc kriminalisieren und unsere Gefängnisse mit Millionen von Jugendlichen vollstopfen, nur weil diese Klamotten tragen oder elektronische Geräte benutzen, die unter menschenverachtenden Bedingungen hergestellt werden. Aber so weit will niemand gehen. Geht es aber um Prostitution geht, sieht die Sache anders aus. 

In Schweden machen sich sexhungrige Männer strafbar, wenn sie bei einer Prostituierten erwischt werden. Wie effektiv die Maßnahme wirkt, kann man in der BILD-Zeitung nachlesen, in einem Interview mit der schwedischen Autorin Kajsa Ekis Ekman. Obwohl wir in Schweden nie viele Prostituierte hatten, ging ihre Zahl sogar von 2000 auf rund 1000 zurück. Auch die Zahl der Freier hat sich fast halbiert. Es ist also ein großer Erfolg!

Das ist aber noch nicht alles, denn wie wir alle wissen, ist es immer das Sein, welches das Bewusstsein bestimmt. Für die schwedische Gesellschaft bedeutet das eine gründliche Metamorphose: 

Heute ist es schlicht erbärmlich, zu einer Hure zu gehen. Du giltst als gesellschaftlicher Außenseiter; als einer, der es nicht schafft, eine Frau ohne Geld ins Bett zu kriegen. Du bist ein Loser.

Ich finde, man sollte so ein Wunderheilmittel auch auf andere Bereiche anwenden – überall dort, wo Ausbeutung und menschenverachtende Arbeitsbedingungen herrschen. Ich würde mit Lebensmitteln aus Südamerika, Kosmetika aus Afrika und Textilien aus Asien anfangen. Mal sehen, wie lange die Salon-Feministinnen ohne solche Produkte leben können. Ich fürchte, nicht lange. 

Mit anderen Worten: Ausbeutung ist nicht so schlimm, solange man davon profitiert. Und weil Frauen selten Sex bei Prostituierten suchen, geht der Gesetzgeber auf die Freier los. 

Und noch etwas: Und wenn ich sehe, was die Jugendlichen in den Vororten von Stockholm in ihrer Freizeit machen, frage ich mich, ob es nicht besser wäre, ihnen eine andere Art von Ventil zu besorgen?

Sonntag, 26. Mai 2013

Seltsame Pädagogik

von Dr. Eran Yardeni

Getrieben von ihrer oftmals irrsinnigen Motivation, die gesellschaftliche Ordnung zu reformieren oder am besten gleich zu revolutionieren, sahen sich die größten Denker der Menschheit immer gezwungen, dem Thema „Erziehung“ ihre Aufmerksamkeit zu widmen. Die Politeia von Platon, die Ethik von Aristoteles und das pädagogische Manifest von Jean-Jacques Rousseau, der übrigens mit der Erziehung seiner eigenen fünf Kinder dermaßen überfordert war, dass er sie einem Findelhaus übergab, sind nur drei ziemlich bekannte Beispiele.

Das Prinzip ist sehr einfach: Wer eine demokratische, diktatorische, aristokratische, humanistische, sozialistische, faschistische oder liberale gesellschaftliche Ordnung einführen will, der soll zuerst oder wenigstens gleichzeitig das effektivste sozialisierende Instrument der Gesellschaft, sprich das Erziehungswesen, gleichschalten. Das gilt auch für Deutschland.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, ob freiwillig oder nicht, durchliefen Teile der deutschen Gesellschaft eine Metamorphose und bekannten sich zur Demokratie. Hurra! Diese politische Verwandlung setzte die Demokratisierung des Erziehungswesens voraus und ist unter dem Namen „Bundesrepublik Deutschland“ in die kunterbunten Cornelsen-Geschichtsbücher eingegangen. 

Weil das manisch-depressive deutsche Volk von Natur aus zu Extremismus neigt, wurde das Ziel dieser Entwicklung verfehlt und, wie in vielen anderen Fällen, ad Absurdum geführt. Hier ist ein Beispiel: 

Die Klassenkonferenz ist, wie jedes Elternteil weiß, ist ein notwendiges unangenehmes, dafür aber ein rein demokratisches Verfahren: Die Schulleitung begrüßt die Anwesenden – die Klassenlehrer, die Fachlehrer, die Eltern, die Elternvertreter, die Schülervertreter (damit gemeint – die Vertreter der Klasse) und den betroffenen Schüler bzw. die betroffene Schülerin, über deren Missetaten diskutiert werden soll. Zuerst erklärt der Klassenlehrer den Anwesenden, warum er sich verpflichtet sah, eine Klassenkonferenz einzuberufen und dann geht es los. Jeder darf seine Meinung äußeren. So ist es in einer gesunden Demokratie. 

Andere Fragen aber, z.B. was die Lehrer über den einen oder anderen denken oder ob Schüler dabei sein sollen, wenn die Lehrerschaft über explosive Themen diskutiert, wie z.B. über die Beziehungen in der Familie des betroffenen Kindes oder über seine letzte nicht erfolgreiche psychotherapeutische Behandlung, scheinen nicht so wichtig zu sein. Viel wichtiger ist die Demokratisierung des Erziehungswesens.

Dazu kommt noch etwas: Die Klassensprecher dürfen nicht nur ihre Meinung äußern, sie sind sogar stimmberechtigt. Mit anderen Worten: Kinder mit 14 dürfen de facto und de jure das schulische Schicksal ihres Klassenkameraden mitbestimmen.

Man darf nicht vergessen, dass die Schülervertreter nicht unbedingt die reifsten und die intelligentesten in der Klasse sind. Das kann sein – muss aber nicht. Sie werden demokratisch gewählt, so dass auch in diesem Verfahren Popularität, Aussehen und schöne Klamotten genau so wichtig sind, wenn nicht sogar wichtiger, als andere Eigenschaften eines guten Schülervertreters.

Man kann natürlich behaupten, dass es bei den Erwachsenen nicht wesentlich anders ist. Auch sie werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst, die mit der Sache selten zu tun haben. Das stimmt, einen kleinen Unterschied gibt es aber trotzdem.

Dieser Unterschied kann am bestens vor dem Hintergrund des letzten brutalen Angriffs in der U5 in Berlin erklärt werden. Laut Tagesspiegel wollte „ein 54-Jähriger am Freitagabend in der U-Bahnlinie U5 einen behinderten Mann vor einem Angriff schützen”. Daraufhin wurde er selbst zum Opfer: “Ein 14-Jähriger fügte ihm eine 20 Zentimeter lange Schnittwunde zu.“

Wenn Kinder in dem Alter des Angreifers reif genug sind, um über das schulische Schicksal ihres Schulkameraden zu entscheiden, warum werden sie vor Gericht als Minderjährige behandelt, wenn sie auf der Straße oder in der U-Bahn Andere terrorisieren?

Auf der einen Seite behauptet man, sie seien reif genug, um zu verstehen, was Schweigepflicht bedeutet und intelligent genug, um über die Zukunft eines Mitschülers abstimmen zu dürfen, dafür aber angeblich noch nicht reif genug, um einfach zu kapieren, dass man nicht mit einem Messer auf seinen Nächsten losgehen darf.

Sind sie nun Kinder oder nicht?

Freitag, 24. Mai 2013

Der Mob ist das Opfer

von Dr. Eran Yardeni

Gestern kritisierte ich an dieser Stelle die Berichterstattung des Berliner Tagesspiegels bezüglich der jüngsten Ausschreitungen in den Vororten von Stockholm, die überwiegend von Migranten aus islamischen Ländern bewohnt sind. Wer trotzdem noch der Meinung ist, dass es hier nur um einen Einzellfall geht und nicht um eine Epidemie, wer darauf besteht, dass wir nicht mit einer bewussten oder unbewussten Gleichschaltung der deutschen Presse zu tun haben, der sollte auch die Berichte und die Kommentare der FAZ und der TAZ lesen.

Ebenso wie der Tagesspiegel benutzten auch diese beiden Tageszeitungen eine sterile und „gewaschene“ Terminologie, um jede kulturelle und religiöse Charakterisierung des gewalttätigen Mobs zu vermeiden. So wird der Mob ständig auf relativ wertfreie Stichworte wie „Jugendliche“ und „Einwanderer“ reduziert.

Die FAZ ist in diesem Sinne ein bisschen mutiger als die TAZ. Sie bewies eine bewundernswerte Zivilcourage, als sie auf die afrikanischen Wurzeln der Einwohner in dem Stadtteil „Husby“ hinwies. Selbstredend könnte man, wenn man nur wollte, die randalierende Bevölkerung auch anders charakterisieren. Die Frage, warum ausgerechnet das Prädikat „afrikanisch“ ausgesucht wurde, muss leider offen bleiben, vor allem, weil in diesem Stadtteil auch viele Türken leben.

Dass in dieser Diskussion der Islam als politischer, kultureller und religiöser Bezugsrahmen und als soziologisch gemeinsamer Nenner im Dunkel geblieben bleibt, zeigt uns ganz genau, wie realitätsfremd die deutsche Presse sein kann, wenn ihre Träume von Pluralismus auf die Realität treffen.

Neben diesem Versuch, das Kind auf gar keinen Fall beim Namen zu nennen, um die halluzinierte Welt nicht zu zerstören, zeigt sich eine andere Tendenz, die genau so gefährlich ist. Dieses mal geht es um die Interpretierung und Ideologisierung der Ausschreitungen im gedanklichen Rahmen des sozialistischen Klassenkampfs. Diese Tendenz fällt vor allem in dem Kommentar von Jonas Fröberg in der Taz auf:

„Man muss also gar nicht nach Griechenland oder nach London schauen, um zu erkennen, dass eine derartige Trennung der Gesellschaft hochexplosiv ist – auch die schwedische Regierung sollte die Alarmglocken allerspätestens jetzt gehört haben. Es ist höchste Zeit, etwas gegen Ausgrenzung zu tun und die jungen Menschen in Lohn und Brot zu setzen.“ 

Das ist der Klassiker: Der Mob wird als ein ausgegrenztes Opfer verstanden. Er agiert nicht, sondern reagiert. Nach Fröberg liegt der Fehler der Regierung nicht darin, dass sie den Mob überhaupt aufgenommen hat, sondern darin, dass sie nicht genug getan hat, um die „Jugendlichen“ zu integrieren. Höchstwahrscheinlich sind die beiden Schulgebäude, die im Lauf der letzten Krawalle von dem Mob “beschädigt” wurden, ein Beleg für die Motivation und für die Bereitschaft dieser Jugendlichen, sich aktiv in die schwedische Gesellschaft einzubringen.

Vor diesem Hintergrund vergleicht Fröberg in seinem Kommentar die Jugendarbeitslosigkeit in Husby mit der Jugendarbeitslosigkeit in reichen Vorstädten wie z.B. in Lidingö oder Djursholm. Das Ziel dieses Vergleiches ist klar. Fröberg scheint der Meinung zu sein, dass man die alten Kategorien des Klassenkampfs benutzen kann, um die heutigen Ausschreitungen in Schweden zu verstehen. Diese Denkweise ist in linken Kreisen sehr populär. Die Krux daran ist, dass diese Denkweise die wichtigsten gesellschaftlichen Merkmale dieser Bevölkerung, die das Scheitern der Integration ziemlich gut erklären können, außer Acht lässt. Anstatt über Migranten aus islamischen Ländern zu reden, spricht man in diesen politischen Kreisen über das Proletariat.

Donnerstag, 23. Mai 2013

Die Wäscherei der Worte

von Dr. Eran Yardeni

Es gibt im Hebräischen ein paar Worte, die man nicht ohne Weiteres in die deutsche Sprache übersetzen kann. Das Problem liegt nicht darin, dass sie sich auf Objekte beziehen, die in der kulturellen Landschaft der Deutschen unbekannt sind. Wenn die Israelis BEIT SEFER sagen, meinen sie nicht anders als Schule. Wörtlich aber bedeutet BEIT SEFER „das Haus des Buches“. Und genau diese Feinheiten der Sprache kann man nicht übersetzen.

Ein anderes Beispiel ist die moderne hebräische Wortkombination MACHBESAT MILIM – wörtlich bedeutet: Wäscherei der Worte. Auf Deutsch nennt man dieses linguistisch-politische Phänomen einfach Euphemismus oder Beschönigung. Wer z.B. das Gefühl hat, verarscht zu werden, immer wenn über „Deutsche mit Migrationshintergrund“ diskutiert wird, anstatt das Kind beim Namen zu nennen, der weiß ganz genau was die Israelis unter Wäscherei der Worte verstehen.

Das Problem mit dieser linguistischen Waschmaschine ist, dass sie die Flecken tatsächlich beseitigt, die Wörter hingegen stinken einfach weiter. Denn heute weiß jeder mittelmäßige desinteressierte Gesamtschüler, worauf sich der Begriff „Deutscher mit Migrationshintergrund“ bezieht. Höchstwahrscheinlich ist das auch der Grund, warum die deutsche Presse neulich einen neuen Kurs eingeschlagen hat: Anstatt die Wörter zu waschen, lässt man sie einfach verschwinden.

Heute hat der TAGESSPIEGEL über Krawalle, brennende Autos und Angriffe auf Polizeikräfte in schwedischen Vororten berichtet. Wer aber randaliert ist im Schatten der politischen Korrektheit geblieben. Im Untertitel stand: Jugendliche. Weil ich aber nicht glauben könnte, dass schwedische Jugendliche massenhaft und hemmungslos auf die Polizei und die Rettungskräfte losgingen, las ich einfach weiter.

Nach ein paar Zeilen habe ich einen kleinen Hinweis bekommen: Die Vororte sind Einwanderer-Vororte. Aber was soll man unter Einwanderern verstehen? Geht es um eine moderne Version des britischen Kolonialismus? Oder vielleicht haben wir in diesem Fall mit einer skrupellosen amerikanische Kolonie zu tun, die die Schweden aus ihrem Land vertreiben wollen, genau wie vorher die Indianer? Tragen diese Einwanderer irgendwelche kulturellen Merkmale, die vielleicht auch erklären könnten, warum sie Rettungskräfte angreifen und Autos abfackeln, oder geht es hier um eine Sekte von Pyromanen?

Liest man noch ein bisschen weiter, bekommt man noch einen Hinweis: „Ein Polizeisprecher machte Jugendbanden und Kriminelle für die Gewalt verantwortlich.“ Und als Auslöser gilt der Tod eines bewaffneten Mannes im Stadtteil Husby. Um das Rätsel zu lösen, wollen wir mal sehen, wer in diesem Stadtteil von Stockholm lebt. Dieses öffentliche Geheimnis will der TAGESSPIEGEL aus irgendwelchem Grund nicht verraten. Laut Wikipedia aber leben in Husby vor allem Türken, Libanesen, Syrier, Iraker und Somalier. 81,9% der Einwohner haben ausländische Herkunft.

Es wäre mir lieber zu wissen, dass hinter einer solchen abwegigen Schilderung der Realität eine klare Absicht steckt. Ich fürchte aber, dass dies nicht der Fall ist. Ich fürchte, dass die Gutmenschen wirklich glauben, dass man asiaatische und kanadische Einwanderer in einen Topf mit Libanesen und Türken werfen kann, ohne dadurch die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung auf dem Altar des Gutmenschentum zu opfern.

Dienstag, 21. Mai 2013

Körbchen gut, alles gut

von Dr. Eran Yardeni

Gute Nachrichten: Frauen mit einem Brustumfang, der den Normen der Aufnahmegesellschaft entspricht, können sich rasch und reibungslos in den Arbeitsmarkt integrieren und zwar unabhängig von der Frage, woher sie stammen und welcher Konfession sie angehören!

Wer sich von dieser Aussage provoziert fühlt, wer der Meinung ist, dass es hier um vulgären Sexismus geht, der soll sich nicht bei mir beschweren, sondern bei der Kolumnistin Hatice Akyün, es sei denn, man kann den folgenden Abschnitt aus ihrer letzten Kolumne (Tagesspiegel, 20.5.2013) anders verstehen:

„Meine Integration in den Arbeitsmarkt fand übrigens ohne jedwede Diskriminierung durch meine Herkunft statt. Und im Nachhinein betrachtet war das nicht Ausdruck kultureller Fortentwicklung, sondern lediglich der Tatsache geschuldet, dass meine eigene Körbchengröße offenbar so den Normen entsprach, dass Männer glatt über meine anatolischen Gesichtszüge hinwegsehen konnten.“

Ob man die innere Logik dieser genialen Theorie auch auf die Penisgröße bei Männern anwenden kann, ist noch nicht ganz klar. Man darf aber nicht ausschließen, dass die Penisgröße mit den Erfolgschancen von Migranten umgekehrt korreliert. In meinem Fall ist es so: Ich habe mich relativ gut integriert, dafür leide ich enorm unter meinem winzig kleinen Penis.

Wie kam aber die renommierte Kolumnistin auf die Idee, dass ihre Integrationsgeschichte etwas mit ihrer „Körbchengröße“ zu tun hat?

Dieses bahnbrechende Gedankengebäude entwickelte Frau Akyün vor dem Hintergrund des traurigen Schicksals von Angelina Jolie. Mit dem Titel „Brüste im Kopf“ beschwerte sie sich darüber, „dass der Wert einer Frau danach bemessen werden soll, was mit ihren Brüsten ist“.

Was ein bisschen im Schatten blieb, war die Verbindung zwischen diesem nachvollziehbaren Protest und der nüchternen Art und Weise, mit der über die mutige Entscheidung von Jolie in der Presse berichtet wurde. In diesem Zusammenhang darf man auch nicht vergessen, dass Jolie selbst in dem Film „Lara Croft: Tomb Raider“ ihre Brüste zum Thema gemacht hat, und dadurch zu der Entstehung der Standards beigetragen hat, gegen die Frau Akyün jetzt protestiert.

Das ist aber nicht alles – das Beste kommt immer am Ende. Und am Ende fast jeder Kolumne zitiert Frau Akyün ihren Vater: „Liebe nicht denjenigen mit schönem Gesicht, sondern denjenigen mit einem schönen Geist.“ Was machen wir aber mit denjenigen, die über beide Eigenschaften verfügen

Sokrates und Platon haben immer hartnäckig darauf bestanden, dass Ästhetik und Ethik untrennbar sind. Aber auf der anderen Seite, was verstehen sie schon davon. Männer haben nur Brüste im Kopf.

Montag, 20. Mai 2013

Das Dilemma der Quotenfrau

von Dr. Eran Yardeni

Als stolzer junger Soldat der israelischen Armee habe ich relativ sehr schnell begriffen, was ich tun sollte, wenn für irgendwelche Aufgaben Freiwillige gesucht wurden: Ich muss mich unbedingt melden. Nicht aus moralischen Gründen und nicht weil es irgendwo vielleicht in der Heiligen Schrift steht, sondern aus rein praktischen Erwägungen: Denn was freiwillig beginnt, kann schnell zur Pflicht werden, falls keiner sich „freiwillig“ meldet. Meldet man sich aber „freiwillig“, so kann man seine opportunistische Kalkulation hinter dem Deckmantel der Kameradschaft verbergen.

Diese Lektion hat mich stärker geprägt als mein erster Sex, damals in dem Kibbuz als ich 16 war. Und zwar so tief, dass mir ca. 16. Jahre nach dem Ende meiner Wehrpflicht jede Wortkombination, die das Adjektiv „freiwillig“ oder das Nomen „Freiwilligkeit“ enthält, ziemlich verdächtig vorkommt.

Vor diesem Hintergrund sollte man das am 17.5.2013 auf SPIEGEL-ONLINE erschienene Interview mit der SPD-Wahlkämpferin Gesche Joost lesen. Vor allem, was sie zum Thema Frauenquote zu sagen hat.

Auf die Frage, ob sie sich vorstellen kann, Panels und Konferenzen zu meiden, die fast ausschließlich aus Männern bestehen, hat die Wahlkämpferin folgendes geantwortet: 

„Sagen wir es mal so: Eine feste Quote von fifty-fifty für jede Gesprächsrunde wäre mir zu radikal. Aber klar ist, dass sich etwas ändern muss. Gerade wurde ich wieder in ein Gremium eingeladen, das fast nur aus Männern bestand. Da habe ich mich dann beschwert und gesagt: Das kann doch nicht euer Ernst sein. Eine Selbstverpflichtung von Redaktionen und Veranstaltern, dass in Talkshows oder Panels stets beide Geschlechter vertreten sein müssen, würde ich sehr begrüßen.“

Selbstverpflichtung ist in der Terminologie der deutschen Frauenpolitik eine Variante der erzwungenen Freiwilligkeit – oder besser gesagt: Ihr Vorläufer. Man kann sich aber sehr gut vorstellen, was passieren wird, wenn diejenigen, von denen es erwartet wird, dass sie sich freiwillig verpflichten, das nicht tun. Sie werden höchstwahrscheinlich gezwungen werden, sich freiwillig zu verpflichten. Und wie macht man das? In diesem Film waren wir schon, man droht mit Gesetzen, die eine feste Quote vorschreiben würden.

All das hat Frau Joost natürlich nicht gesagt und es mag wohl sein, dass es hier nur um eine wilde Assoziationskette geht - aufgrund meiner militärischen Vergangenheit. Aber auch wenn ich die Frage, was die DAX-Konzerne motivierte, sich für den Ausbau des Frauenanteils in Führungspositionen einzusetzen, nicht ganz eindeutig beantworten kann, frage ich mich trotzdem, ob es nicht die legislative Peitsche war, die ihnen als Wegweiser diente. Denn jeder weiß, dass die erzwungene Freiwilligkeit das kleinere Übel ist, weil sie wenigstens mehr Entscheidungsspielraum bietet als ein zementiertes Gesetz.

Aus dem Interview mit Frau Joost geht noch etwas Interessantes hervor. Und zwar, welche verheerenden Auswirkungen und Nebenwirkungen die Idee der Frauenquote auf den gesellschaftlichen Ruf der Frauen schon bewirkt hat. Was hier zwischen den Zeilen steht, kann vielleicht die Problematik der Einführung einer Frauenquote am klarsten zeigen:

SPIEGEL ONLINE: Wenn man über Sie liest, fallen meist die Attribute jung und weiblich. Fühlen Sie sich als Quotenfrau im Kompetenzteam?

Joost: Das war sicher nicht Grund meiner Berufung ins Kompetenzteam. Trotzdem finde ich den Begriff nicht schlimm, ich bin ein echter Fan der Frauenquote. Ich habe in meiner Laufbahn viele Gremien, Unternehmen und Stiftungen von innen gesehen. Da sitzen meist nur Männer, und zwar 60 plus. Dafür habe ich kein Verständnis mehr, das geht so nicht.

Warum war die Frauenquote „sicher nicht der Grund“ für Ihrer Berufung, Frau Joost? Warum bekomme ich den Eindruck, dass Sie sich in der Position einer „Quotenfrau“ nicht ganz wohl fühlen? Und wenn das der Fall ist, warum schieben Sie andere Frauen genau in diese Falle? Denn nicht als Quotenfrauen wollen Frauen gedeihen, sondern eher als gleichberechtigte Menschen. 

Und zwischen den Beiden bleibt ein enormer Unterschied. 

Samstag, 18. Mai 2013

Pussy-Philosophie

von Dr. Eran Yardeni

Ich bin ein Mann. Ich denke mit meinen Genitalien. Ich habe eine grausame Welt geschaffen, in der Frauen auf ihre Geschlechtsteile reduziert werden. Mein Hauptmotiv war: Neid.

Schließlich will ich auch als Sexobjekt betrachtet werden, das passiert aber nicht. Würde eine exotische Frau - und für einen kleinen orientalischen Juden wie mich ist jede deutsche Frau exotisch - meine ganze Existenz, meine ganze Persönlichkeit, alle meine intellektuellen Leistungen und moralischen Tugenden auf meinen kleinen beschnittenen Penis reduzieren, würde ich gar nichts dagegen haben.

Gegen eine solche brutale Verdinglichung meines Wesens würde ich nicht protestieren. Auf gar keinen Fall würde ich mich auf das Barbie-Haus stürzen, wie damals Titus auf Jerusalem, als wäre das rosige Haus ein Konzentrationslager oder eine Todesfabrik, dessen eingesperrte Insassen mit ihren letzten Kräften um ihre Freiheit ringen.

Es mag aber wohl sein, dass meine stoische Gelassenheit und geschlechtliche Gleichgültigkeit damit zusammenhängt, dass ich aus natürlichen Gründen dazu neige, mit meinen Genitalien zu denken, was aber immerhin bedeutet, dass ich denken kann. Und neulich habe ich mir gedacht, dass es entweder ironisch oder tragisch, auf gar keinen Fall aber zufällig ist, dass die Mehrheit der Femen, die ihre kunterbunten Titten und ihre Sexualität benutzen, um unser geschlechtliches Weltbild zu entsexualisieren, genau so aussieht, wie die Frauen, über die ich fantasiere.

Es scheint, dass ausgerechnet die Femen, die Vorkämpferinnen des unterdrückten Geschlechts, mit ihrem Aussehen, das sie ganz bewusst als politische Waffe benutzen, die ästhetischen Maßstäbe und Kriterien der männlichen Welt verkörpern. Wenn es tatsächlich in Deutschland so etwas wie eine “strukturelle Unterdrückung” der Frauen durch die Männer gibt, dann repräsentieren die Femen nicht ihre Ablehnung sondern eher ihre Verinnerlichung.

Die Brutalisierung des Diskurses kommt in einem Interview mit Alexandra Schewtschenko ans Tageslicht . Es ist auch ein Zeichen für die Chauvinisierung des Feminismus. Schewtschenko behauptet, es ginge ihr um die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Gleichzeitig will sie das Matriarchat:

ZEIT ONLINE: Was steht am Ende Ihrer Revolution?
Schewtschenko: Das Matriarchat, das hoffe ich doch.
ZEIT ONLINE: Wann ist es soweit?
Schewtschenko: Ich weiß es nicht genau, vielleicht 2017, genau hundert Jahre nach jener russischen Revolution, die die Zarenherrschaft beendete. Wenn es so weit ist, müssen wir kämpfen. Dann wird wieder Blut fließen. Die Revolution wird brutal.
ZEIT ONLINE: Wessen Blut?
Schewtschenko: Das der Männer.
ZEIT ONLINE: Ich möchte gar nicht gegen Sie kämpfen.
Schewtschenko: Vielleicht nicht gegen Sie, ich kenne Sie nicht. Aber gegen Putin, Lukaschenko, Typen wie Berlusconi und Platini. 

Der arme Journalist soll dankbar sein, dass die gnädige Aktivistin ihn noch nicht kennt. Wäre das der Fall, müsste er die Revolutionärin darauf aufmerksam machen, dass in einer matriarchalischen Gesellschaft, ebenso wie in einer patriarchalischen, Männer und Frauen per Definition nicht gleichwertig sein können.

Und wer das Wesen der Diktatur auf die Männlichkeit des Diktators reduziert, der sollte vor dem Ausbruch der Revolution noch mal schnell FKK-Ferien machen, um sich den kleinen Unterschied aus der Nähe anzusehen.

Dienstag, 9. April 2013

Der Euro - wirklich eine Frage von Krieg und Frieden in Europa?

von Thomas Heck...

Dieser Tage ist es wieder besonders schlimm. Ist es die Angst vor dem Euro oder die Angst vor dem Ende des Euros? So sicher scheinen sich die Protagonisten aus Politik und Wirtschaft selber nicht mehr zu sein, ist diese Frage selbst unter rein volkswirtschaftlichen Parametern nicht eindeutig zu beantworten. Zudem stoßen hier politische Realitäten und volkswirtschaftliche Notwendigkeiten so brutal aufeinander, dass eine wertfreie Diskussion gar nicht mehr möglich ist. Eine Merkelsche Alternativlosigkeit in der Betrachtung der Problematik hat eine Diskussion über die Zukunft des Euros von vornherein unmöglich gemacht. Das Volk, ob der Komplexität überfordert, weiß nicht, was es von der Diskussion halten soll und ist stark verunsichert. Es sieht, dass die Politik nur noch reagiert und das Geschehen nicht mehr aktiv steuert. Allein dieser Umstand ist Gift für jede Währung. Es fehlt Vertrauen, doch Vertrauen ist die Basis einer jeden stabilen Währung. Und dem deutschen Sparer dämmert langsam, dass auch ihm das Schicksal eines Zyprioten blühen kann und seine Spareinlagen eben nicht so sicher sind, wie es deutsche Politiker immer wieder öffentlichkeitswirksam propagieren.

Doch schauen wir uns die Tatsachen an. Der Euro war aus der Sicht vieler Experten von Anfang an eine Totgeburt. Nationen mit traditionell eher schwachen Volkswirtschaften, wie Italien, Spanien, Portugal und auch Griechenland wurden zusammen mit Ländern wie z.B. Deutschland, Frankreich und den Benelux-Staaten in eine Währung gepresst, was eigentlich nicht funktionieren konnte. Die südlichen Euro-Länder konnten in Zeiten vor dem Euro durch Abwertungen ihrer Währungen mit den wirtschaftlich starken nördlichen Euro-Ländern mithalten, auch wenn sie teilweise nur als Lieferant von Obst und Gemüse taugten und als preiswertes Urlaubsland ihre Nische gefunden hatten. Doch falsch verstandener Nationalstolz verbat ein Nein zur Währungsunion. Im Falle von Griechenland wurde sogar in volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen derart dreist betrogen, um die Konvergenzkriterien zur Aufnahme in den Euro zu erfüllen, dass dieser Umstand sogar Studenten der Volkswirtschaft in den ersten Semestern hätte auffallen müssen.

Doch letztlich haben sich die Südländer mit dem Beitritt zur Euro-Zone selbst geschadet und versuchen nun, auf mannigfaltige Art und Weise die Nordländer zur Kasse zu bitten. Wer ernsthaft meint, dass Griechenland oder Zypern mit der Gewährung weiterer Kredite zu helfen ist, dem ist selbst nicht zu helfen, denn man verlagert das Problem auf kommenden Generationen. Doch unsere Politiker handeln nach der Maxime, dass nicht sein kann, was nicht sein darf und machen den Fortbestand des Euros zu einer Frage von Krieg und Frieden in Europa. Wenn ich jedoch in jüngsten Umfragen lese, wie schlecht der Ruf der Deutschen in Europa ist, ich selbst ehrlich darüber nachdenke, wie ich persönlich Griechenland und Zypern betrachte, dann bin ich mir nicht mehr sicher, ob das zwanghafte und verbissene Festhalten am Euro die Konfliktgefahr in Europa nicht eher erhöht als vermindert.

Dem deutschen Steuerzahler ist ebenfalls nicht zu vermitteln, dass er für die Schulden anderer Länder aufkommen soll, auch wenn gerne behauptet wird, Deutschland trägt an der Krise eine große Verantwortung. Mir konnte noch keiner erklären, wieso ich an der griechischen Staatsverschuldung, an griechischer Korruption, am Unvermögen der griechischen Finanzbehörden zur Steuereintreibung mitschuldig bin und ich dafür haften soll. Im Übrigen ein klarer Rechtsbruch. Es ist auch der demokratischen Tradition in Deutschland geschuldet, dass der vorhandene Unmut und ein gewisses Rumoren in der Bevölkerung nicht zum Erstarken radikaler Parteien geführt hat. Und so sollte es auch bleiben. Doch dann muss die Politik anfangen zu reagieren.

Fakt ist, dass niemand klar sagen kann, was im Falle eines Ausstiegs aus dem Euro und eine Rückkehr zu nationalen Währungen passieren würde. Frieden und gute Beziehungen zu den Ländern in Europa gab es auch schon vor dem Euro. Die südlichen Euro-Länder sollten stolz und selbstbewusst zu Ihrer Drachme, zu Ihren Peseten und zu Ihrer Lira zurückkehren um so ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit in Europa wieder herstellen zu können. Die daraus resultierende Mehrbeschäftigung würde zu erhöhten Steuereinnahmen führen, genau dass, was diese Länder brauchen, um ihre öffentlichen Haushalte zu konsolidieren. Man stelle sich nur vor, diese Länder würden in das Geschäft der regenerativen Energieformen über Solarenergie einsteigen und würden der Eckpfeiler einer europäischen Stromversorgung werden.

Auch für Deutschland wünsche ich mir eine wertfreie Diskussion über die Zukunft des Euros. Und wenn am Ende eine Entscheidung gegen den Euro und für die Deutsche Mark steht, so ist dies sicher keine Frage von Krieg und Frieden in Europa, sondern es sollte eine Entscheidung aus rein wirtschaftlichen Überlegungen sein. Europa könnte sich dann wieder um das kümmern, was wichtig ist, ohne Milliarden für Rettungsschirme, sowie Zins und Tilgung von Schulden ausgeben zu müssen, eine gigantische Geldvernichtung biblischen Ausmaßes. Vielleicht wäre es danach möglich, wieder als Deutscher nach Griechenland reisen zu können, ohne die eigene Kanzlerin mit Hakenkreuz und Hitler-Bärtchen sehen zu müssen. Das hat sie nicht verdient und ich sicher auch nicht.