Dienstag, 13. Mai 2014

Wie der Westen Russland aufrüstet

von Thomas Heck

Verkehrte Welt. Es gab einmal eine Zeit, da standen sich der West- und der Ostblock bis an die Zähne bewaffnet an der deutsch-deutschen Grenze gegenüber. Niemand wäre jemals auf die Idee gekommen, der anderen Seite modernste Waffentechnik zu verkaufen, zum einen weil man im Fall des Falles nicht in die Mündung der eigenen selbst produzierten Kanone blicken wollte, zum anderen, und das war das eigentliche Hauptargument, nicht einen eventuellen Technologievorsprung an den potentiellen Gegner zu verkaufen. Ein solches Verhalten wäre destruktiv und selbstzerstörerisch und gefährdet im hohen Maße die eigenen Soldaten und letztlich die eigene Sicherheit. Dies ging sogar soweit, dass damalige Kleincomputer vom Typ ZX81 und C64 auf der schwarzen Liste standen und der Export dieser Geräte in den Ostblock nicht gestattet war. Denn der Westen war überlegen, da konnte ein Erich Honecker noch so fort öffentlichkeitswirksam einen Mega-Chip präsentieren, wie er wollten, der Osten kam in dieser Frage nie an den Westen heran.

Auch was die Qualität und Leistungsfähigkeit der Waffensysteme anbelangte, war der Westen immer überlegen. Im Osten war das bekannt und es wurde versucht, Qualität durch Quantität zu kompensieren. Ob das funktioniert hätte, musste gottlob niemals unter Beweis gestellt werden. In verschiedensten Kriegen außerhalb Europas trafen jedoch westliche und östliche Waffentechnologie aufeinander. In den Nahostkriegen konnte das kleine Israel immer wieder unter Beweis stellen, dass es die besseren Waffen hatte, im Libanonkrieg 1982 war die Überlegenheit westlicher Kampfflugzeuge so hoch, dass es den Russen kalte Schauer über den Rücken gejagt haben musste. Im Golfkrieg 1990 zur Befreiung Kuwaits, wurde die technologische Überlegenheit in allen Bereichen öffentlichkeitswirksam unter Beweis gestellt. 

Russland hätte sich für seine Zukunft Sorgen machen müssen, wäre da nicht das Ende des kalten Krieges dazwischengekommen, welches seinen Höhepunkt mit der deutschen Wiedervereinigung hatte. Während allerorten im Westen die Meinung vertreten wurde, man hätte keine Feinde mehr, konnte Abrüstung und Abbau der eigenen Streitkräfte vorangetrieben und unter dem Begriff "Friedensdividende" subsummiert werden. Russland hat das in den letzten 20 Jahren sehr genau beobachtet, seine eigenen Streitkräfte weiter aufgebaut und modernisiert. Rüstungsgeschäfte mit Russland sind schon lange keine Tabus mehr.

So wurde der breiten Öffentlichkeit erst in der Ukraine-Krise gewahr, dass die Rüstungsschmiede Rheinmetall in Russland eines der modernsten Gefechtsübungszentren aufbauen wollte, um den russischen Soldaten mit professioneller westlicher Unterstützung beibringen zu können, wie er letztlich doch erfolgreich gegen einen Feind, vielleicht irgendwann auch dem Westen, zeigen zu können, wie man Kriege gewinnen kann. 

Lenin sagte einmal, dass die Kapitalisten uns eines Tages den Strick verkaufen würden, an dem wir sie aufhängen werden. Recht hat er. Der Westen hat seine eigenen Interessen an Russland verraten, hat sich im Bereich der Energiepolitik in Abhängigkeiten begeben, die kurzfristig nicht aufgehoben werden können. Amerika ist abhängig von Russland was den Transport von Astronauten und Nachschub zur ISS, der internationalen Raumstation, anbelangt. Vielleicht ist das Grund, dass der Öffentlichkeit eine Einreiseverbot von 17 Oligarchen als harte Sanktionen verkauft werden. Russland führt seit Jahren einen Krieg gegen den Westen. Ein Krieg der Informationen, der es schafft, dass die westliche Bevölkerung Sympathien für Russland empfindet, während es die USA ablehnt. Sie haben es geschafft, dass der deutsche Gutmensch nicht mehr die USA als den Hort der Freiheit ansieht, sondern ein Russland. Ich bin mir gar nicht mehr so sicher, dass der Westen den Kalten Krieg gewonnen hat.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen